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Weinsberger Jahresversammlung
»Liebesgluthen, die unsere Eltern verbanden«:
Julius Kerner und die Assings.

 

1.- 3. Oktober 2005

Mitgliederversammlung,
Vortragsabend und Ausstellung

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Weinsberger Jahresversammlung der Varnhagen Gesellschaft


Weinsberg und die Weibertreu
Den Ehepaaren Rahel und Karl August Varnhagen, Rosa Maria und David Assing war der Dichter, Arzt und 'Geisterseher' Justinus Kerner (1786-1862) aufs Freundschaftlichste verbunden. Sein Sohn Theobald verewigte die Namen der Besucher auf der Burg Weibertreu: Es ist, von den Grabstellen in Berlin und Florenz abgesehen, das einzige aus dem 19. Jahrhundert noch vorhandene Varnhagen-Denkmal.
Im Jahr 2005 beglückwünschen wir den Justinus-Kerner-Verein und Frauenverein e. V. zu seinem 100jährigen Bestehen. Seit 1905 führt der der Verein den von Justinus Kerner gegründeten "Frauenverein" fort und betreut das Kernerhaus, die Burg Weibertreu und zahlreiche andere Gedenkstätten in Weinsberg bei Heilbronn, die an das Wirken des Dichters, Arztes und "Geistersehers" Justinus Kerner erinnern.

Die Varnhagen Gesellschaft zu Gast beim Justinus-Kerner-Verein in Weinsberg

Für Karl August Varnhagen war Justinus Kerner einern seiner wenigen "Duzfreunde" aus früher Zeit (sie lernten sich beim Medizinstudium in Tübingen kennen), und gemeinsam mit Rahel hat er später Weinsberg besucht. Kerner und seine Frau Friederike Ehmann waren außerdem aufs freundschaftlichste verbunden mit Varnhagens Schwester Rosa Maria und ihrem Ehemann David Assur Assing. Diese Freundschaft setzte sich bei Ludmilla Assing und Kerners Sohn Theobald fort.
Ein Feuilleton von 1869 hat Weinsberg zum "eigentlichen Mekka der deutschen Frauen" erklärt. Für die Varnhagen Gesellschaft e. V. war es daher eine besondere Ehre, daß wir in diesem Jahr auf Einladung des Justinus-Kerner-Vereins die Jahresversammlung in Weinsberg abhalten konnten. Im Begleitprogramm besichtigten wir das Kernerhaus sowie die Burg Weibertreu mit Inschriften der Varnhagens und Assings unter sachkundiger Führung von Hans Göbbel und Manfred Wiedmann. Am Samstagabend, den 1. Oktober, veranstalteten wir einen Rezitationsabend und eröffneten eine kleine Vitrinenausstellung, die für zwei Tage in der Weinsberger Baukelter (heute eine Musikschule) zu sehen war. Am 2. Oktober fand von 11.00-13.00 im Kernerhaus unsere vergleichsweise gut besuchte Mitgliederversammlung statt. Dank gebührt auch Margarete Drautz, Dr. Bernd Liebig und dem Bürgermeister von Weinsberg, Stefan Thoma, der ein Grußwort sprach.

Über den Rezitationsabend schrieb Martina Kitzing-Bretz in der Heilbronner Stimme vom 5. Oktober 2005: "Die Freunde kannten sich bereits seit Kerners Studienzeit, und es war eine glühende Freundschaft, die die Familie Kerner mit den Varnhagens, und mit der Familie von dessen Schwester Rosamaria, den Assings, verband. Eine Freundschaft, wie man sie heute kaum noch findet, und die sich niederschlug in der Idee Kerners, in einer einsamen Waldhütte 'als glückliche Menschen' zusammenzuwohnen. (...) Die Korrespondenz von Varnhagen und seiner Frau Rahel, die um die 6000 Briefe geschrieben hat, lebendig zu halten und der Forschung freien Zugang zu den zerstreuten Beständen zu ermöglichen, hat sich die Varnhagen Gesellschaft e. V. auf die Fahne geschrieben. Ihr Vorsitzender Nikolaus Gatter trug im Wechsel mit Angelika Mensching-Oppenheimer den Briefwechsel der drei Familien vor und führte in den geschichtlichen Kontext ein. Dieser gestaltete sich besonders interessant in der Zeit der Märzrevolution von 1848, als die glühende Freundschaft zwischen Kerner und Varnhagen für eine Weile abkühlte. (...) Doch anläßlich des Todes von Varnhagen im Jahr 1858 notiert Kerner: "Der schnelle Tod meines Freundes zernagt mein zerrissenes Herz vollends." Die Nichte Varnhagens, Ludmilla Assing, die wegen der Veröffentlichung der Tagebücher ihres Onkels zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, schrieb 1879 über die Freundschaftsglut der Eltern an Theobald Kerner: 'Für mich haben die Briefe etwas Rührendes, dergleichen Gefühle sind sehr selten.' Die hohe Briefkultur der Zeit, als die Post noch zweimal jährlich zugestellt wurde, machte den Zuhörern auch eine Begleitausstellung deutlich, in der beispielsweise ein Briefsteller, ein Ratgeber zum Verfassen von Briefen, zu sehen war."


Unser Mitglied Ulrich Grammel hatte mit seinem Kernerhaus-Vortrag über Rahel Varnhagen, der die Beziehungen zu Süddeutschland nachzeichnet, den Boden für diese fruchtbare Zusammenarbeit bereitet. Er lud uns auch zu einem kleinen Umtrunk am 3. Oktober um 11.00 im Kleist-Archiv Sembdner der Stadt Heilbronn ein, wo uns Archivleiter Günter Emig die Geschichte des Archivs und seine Arbeit vorstellte. Emil Englert, Vorsitzender des Kerner-Vereins, beschenkte unsere Vereinsbibliothek mit Kernerliteratur, dem Märchen Prinzessin Klatschrose von Theobald Kerner und einer 'Klecksographie'. Wir hoffen auf weitere gute Zusammenarbeit mit den vorbildlich engagierten Mitgliedern des Justinus-Kerner-Vereins e. V., der in diesem Jahr sein hundertjähriges Bestehen.


Ein Gedicht von David Assing, dem Ehemann von Rosa Maria Varnhagen:

An Friederike und Justinus Kerner, als meine Frau und Kinder sie besuchten.
(Juli 1833)
Wie man ein alt Gemäuer wohl erneut,
Wenn nahe es dem endlichen Verfalle,
Und schreibet drauf die gegenwärt'ge Zeit,
Daß mit der alten sie zusammen falle:
So wollen wir in gegenwärt'gen Stunden
Den alten Bund erneu'n, der uns verbunden!

Und könnt den alten besser ich erneu'n?
Als wenn ich Weib und Kinder zu euch sende,
Die Holden, die das Herz mir tief erfreu'n,
In meines trüben Lebens Sonnenwende.
Wenn euch und eure Kindlein sie umschließen,
Wird neu' und alte Zeit zusammenfließen!

So wird der alte Bau belebet neu,
Wenn mit dem Alten Junges sich vereinet;
In neuem Lichte glänzt die alte Treu',
So wie der Mond auf alte Burgen scheinet. -
Wir sind die alte Burg, vom Mond beschienen,
Um die im Lenz die jungen Saaten grünen!


D. A. Assing

zum Programm:
Weinsberg, 1. Oktober, 19.30
Vortrag mit Rezitation
Angelika Mensching-Oppenheimer (Hamburg) und Nikolaus Gatter (Köln)
"Freundschaftsgluthen, die unsere Eltern verbanden"
Justinus Kerner und die Assings.
Ort: Beheimsaal
Weinsberg, 2. Oktober, 11.00
Mitgliederversammlung der Varnhagen Gesellschaft e. V.

Unsere Mitglieder erhalten vorher eine Einladung mit Tagesordnung.
Ort: Justinus-Kerner-Haus
Weinsberg 2. und 3. Oktober, jeweils 11.00 bis 17.00
Ausstellung von Originalschriften
"Zu literarischen Wächtern für unsere Geliebten bestimmt." Die Assings und die Kerners: Geschichte einer Freundschaft.
Ort: Baukelter

3. Oktober
Ausflug der Varnhagen Gesellschaft zum Kleist-Archiv in Heilbronn

Stadt Weinsberg: http://www.weinsberg.de
Fotos: Emil Englert, N.Gatter und Kleist-Archiv Sembdner, Heilbronn

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05.10.2005

 

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